COVID-19 | Auswirkung auf Zivilprozesse
Die Gerichte arbeiten gegenwärtig im „Notbetrieb“ weiter. Mündliche Verhandlungen wurden aber weitestgehend abberaumt und werden auch künftig nur im unbedingt erforderlichen Ausmaß stattfinden.
Am vergangenen Freitag hat das Parlament ein Sammelgesetz mit dem Titel "2. COVID-Gesetz" beschlossen, das auch Regeln für Zivilverfahren enthält. Das Gesetz ist gestern (am 22.3.2020) in Kraft getreten und tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2020 wieder außer Kraft.
Hier finden Sie einen Überblick zu den wesentlichen Neuerungen:
Unterbrechung von gerichtlichen Fristen
Alle (noch nicht abgelaufenen) gerichtlichen Fristen werden unterbrochen. Sie beginnen mit 1.5.2020 zur Gänze neu zu laufen.
Das Gericht kann ausnahmsweise aussprechen, dass eine Frist doch nicht unterbrochen wird. In solchen Fällen ist allerdings eine angemessene Frist festzusetzen. Diese angemessene Frist soll sich an den gesetzlichen Fristen orientieren, kann aber davon abweichen.
Einige (besondere) Verfahren sind von der gesetzliche Fristunterbrechung ausdrücklich ausgenommen.
Hemmung von Verjährungsfristen
Bis zum Ablauf des 30.4.2020 sind alle Fristen für die Anrufung des Gerichts gehemmt. Dies gilt für Klagen, Anträge, Erklärungen, zB
- für Verjährungsfristen,
- für die Klagsfrist bei Besitzstörungsklagen,
- für die Frist zur Antragstellung der nachehelichen Vermögensaufteilung,
- für die Antragsfrist nach § 40 MRG.
Zu beachten ist, dass es hier nicht zu einer Unterbrechung, sondern lediglich zu einer (Fortlauf-) Hemmung der Fristen kommt, sodass die Fristen am 1.5.2020 hier nicht neu zu laufen beginnen.
Urteile | Zustellungen
Da Gerichtsverhandlungen bis auf weiteres überwiegend „ausgesetzt“ wurden, ist nicht unwahrscheinlich, dass sich die Gerichte nun verstärkt dem Schreiben von Urteilen und Beschlüssen widmen werden. Wir gehen davon aus, dass in den kommenden Wochen eine Vielzahl von gerichtlichen Entscheidungen zugestellt werden wird.
Im Fall einer anwaltlichen Vertretung erfolgt die Zustellung von Entscheidungen auch in der Krisenzeit über den elektrischen Rechtsverkehr. Hier ist mit keinen Einschränkungen zu rechnen. Gerichtliche Erledigungen, die nicht im elektronischen Rechtsverkehr zugestellt werden können, werden wohl nur dann abgefertigt, wenn deren Zustellung zur Abwehr einer Gefahr für Leib und Leben, Sicherheit und Freiheit oder zur Abwehr eines erheblichen und unwiederbringlichen Schadens einer Verfahrenspartei dringend geboten ist.
Unterhaltsvorschüsse
Auch bei den Unterhaltsvorschüssen kam es zu einer einschneidenden Neuerung. Bis zum Ablauf des 30.4.2020 sind Unterhaltsvorschüsse selbst dann zu gewähren, wenn das Kind noch keinen entsprechenden Exekutionsantrag gestellt hat. Solche Vorschüsse sind für längstens ein halbes Jahr zu gewähren. Der Gesetzgeber möchte dem Kind in dieser Krisensituation bei Ausbleiben der Unterhaltszahlungen rasch und ohne zusätzliches Exekutionsverfahren finanzielle Hilfe gewähren.
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