Erfolg vor dem OGH │ Die Nichtigkeit eines Kauf- und Bauträgervertrags aufgrund einer zu unbestimmten Klausel
Mag. Georg Männl (Partner), Dr. Erich Gibel (Partner) und Paul Breuer, LL.M. (Rechtsanwaltsanwärter) haben zahlreiche Käufer eines Bauträgerprojekts vertreten und diese beim Ausstieg aus ihren Verträgen unterstützt. In seiner aktuellen Entscheidung zu GZ 9 Ob 108/24h folgte der OGH der Argumentation unserer Kanzlei und entschied, dass Kauf- und Bauträgerverträge mit einem zu unbestimmten Fertigstellungstermin nichtig sind.
Bei einem Bauträgerprojekt wird meist eine große Anzahl an gleich lautenden Kauf- und Bauträgerverträgen mit den Käufern abgeschlossen. Umso wichtiger ist, dass der Text des Kauf- und Bauträgervertrags wohlüberlegt formuliert ist. Dabei sind zahlreiche Vorschriften des BTVG und des KSchG einzuhalten, denen häufig nicht die notwendige Aufmerksamkeit geschenkt wird.
Mehrere Käufer eines Bauträgerprojekts wollten noch bevor das Projekt fertiggestellt wurde - aus verschiedenen Gründen - aus ihren mit der Bauträgerin abgeschlossenen Verträgen aussteigen. Die durch GZ vertretenen Käufer erklärten daher Rücktritt von den Verträgen und stützten sich auf verschiedene Rücktrittsgründe. Die Bauträgerin akzeptierte die Rücktritte nicht und klagte ein Käuferpaar auf Feststellung, dass der abgeschlossene Vertrag noch aufrecht ist und der Rücktritt sohin nicht wirksam erfolgte.
Die abgeschlossenen Verträge, welche dem Bauträgervertragsgesetz (BTVG) unterlagen, hatten jedoch eine nach unserer Argumentation zu unbestimmte Vertragsklausel zur Übergabe der Objekte. Es wurde darin nur festgehalten, dass die Übergabe der Objekte 24 Monate nach Baubeginn erfolge und der Baubeginn voraussichtlich einen Monat nach Erteilung der Baubewilligung erfolge. Bauträgerverträge haben jedoch gemäß § 4 BTVG einen zwingenden Mindestinhalt aufzuweisen, wozu auch ein bestimmter Übergabetermin zählt. Erfüllen die Verträge die Voraussetzungen des § 4 BTVG nicht, sind diese relativ nichtig. Zudem müssen auch Bauträgerverträge die Bestimmungen des KSchG erfüllen. Die Klausel verstieß unserer Argumentation nach in mehrerlei Hinsicht gegen das BTVG und das KSchG: Denn einerseits wurde den Käufern der Baubeginn nicht kommuniziert, womit auch das Fertigstellungsdatum unklar war. Andererseits führt das Wort „voraussichtlich“ noch zu einer weiteren Unklarheit, sodass diese Klausel neben dem BTVG auch gegen § 6 Abs 1 Z 1 KSchG und § 6 Abs 3 KSchG verstößt.
Die Gerichte folgten unserer Argumentation durch alle Instanzen, die Bestimmung zur Übergabe in den Verträgen war zu unbestimmt und erfüllte sohin nicht die Vorgaben des BTVG und des KSchG. Die Konsequenz hieraus ist, dass nicht nur die entsprechende Klausel nichtig war, sondern der ganze Vertrag.
Eine Gruppe von ebenso durch uns GZ vertretenen Käufer klagte die Bauträgerin gestützt auf diese Argumentation parallel zu obigem Verfahren auf Rückabwicklung der Verträge und bekam ebenso Recht.
Besonders bitter für die Bauträgerin: Aufgrund der Nichtigkeit der Verträge sind diese rückabzuwickeln, wobei hier nicht nur die üblichen gesetzlichen Zinsen in der Höhe von 4% greifen, sondern die Sonderbestimmung des § 14 BTVG zur Anwendung kommt. Diese sieht für alle Zahlungen an die Bauträgerin, welche entgegen dem BTVG erfolgen, Zinsen in der Höhe von 8% über dem Basiszinssatz vor. Mit der Berufung auf die (relative) Nichtigkeit fällt die Grundlage der bisher geleisteten Zahlungen weg, sodass ab diesem Zeitpunkt die deutlich höheren Zinsen nach §14 BTVG zur Anwendung kommen.
Georg Männl | Partner – g.maennl@gibelzirm.com
Paul Breuer | Rechtsanwaltsanwärter – p.breuer@gibelzirm.com
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