Wertsicherungsklauseln im Verbrauchergeschäft
Wertsicherungsklauseln (auch: Preisanpassungsklauseln) stehen aufgrund der hohen Inflation derzeit stark in Diskussion. In seiner Entscheidung zu 2 Ob 36/23t vom 31.3.2023 hat auch der Oberste Gerichthof sich erst mit den Anforderungen an Wertsicherungsklauseln im Verbrauchergeschäft beschäftigt.
Wertsicherungsklauseln haben den Zweck einen zu einem bestimmten Zeitpunkt vereinbarten Preis gegen etwaigen Wertverfall zu sichern. Der Gläubiger soll auch künftig den Betrag erhalten, der wertmäßig der ursprünglich festgelegten Schuld entspricht. Verträge über Dauerschuldverhältnisse, wie Mietverträge, enthalten in der Regel eine Wertsicherungsklausel.
Preisanpassungsklauseln sollen jedoch nicht dazu führen, dass der Gläubiger nach Belieben in der Zukunft einen höheren als den vereinbarten Preis für seine Leistung verlangen kann. Im Geschäft zwischen Unternehmern und Verbrauchern setzt hier vor allem das Konsumentenschutzgesetz (KSchG) Schranken. Wertsicherungsklauseln sind gegenüber Verbrauchern nur wirksam, sofern sie den Anforderungen des KSchG genügen.
Allgemeine Anforderungen an Wertsicherungsklauseln
Gemäß dem KSchG sind Wertsicherungsklauseln gegenüber Verbrauchern nur dann wirksam, wenn folgende Voraussetzungen kumulativ vorliegen:
- die Preisanpassungsklausel muss zweiseitig formuliert sein (die Preisanpassung darf nicht nur nach „oben“ sondern auch nach „unten“ stattfinden können),
- die für die Anpassung maßgeblichen Kriterien müssen klar umschrieben sein,
- diese Kriterien dürfen nicht vom Willen des Unternehmers abhängig gemacht werden,
- sofern Vertragsmuster verwendet werden, darf die Anpassung nicht innerhalb der ersten zwei Monate nach Vertragsabschluss vorgenommen werden.
Bei Vertragsformblättern ist insbesondere auch die allgemeine Geltungskontrolle nach § 864a ABGB zu beachten, wonach Bestimmungen ungewöhnlichen Inhalts nicht Vertragsbestandteil werden, wenn sie für den anderen Teil nachteilig sind und dieser auch nach den Umständen nicht mit dieser Bestimmung zu rechnen brauchte, es sei denn, er wurde besonders darauf hingewiesen. In diesem Zusammenhang kann etwa eine Preisanpassungsklausel ungültig sein, wenn der Basiswert, welcher für künftige Preisanpassungen herangezogen wird, weit vor dem Vertragsabschluss liegt (vgl. OGH 9 Ob 46/21m).
Entscheidung des OGH zu 2 Ob 36/23t vom 31.3.2023
In diesem Verfahren hat sich die Arbeiterkammer gegen mehrere Klauseln in einem Mietvertrag gewandt, die ein Vermieter (Unternehmer) in seinen Vertragsformblättern gegenüber Verbrauchern verwendet hat. Es handelte sich hier um eine Verbandsklage, es wurde die „kundenfeindlichste“ Auslegung angenommen und durch den OGH eine „theoretische“ Entscheidung getroffen.
Die Ergebnisse der jüngsten Entscheidung des OGH zu 2 Ob 36/23t vom 21.03.2023 betreffend Wertsicherungsklauseln können wie folgt zusammengefasst werden:
Grundsätzlich ist eine Preisanpassung des Mietzinses (nach oben und unten) anhand des Verbraucherpreisindex (VPI) zulässig, da dieser klar definiert ist und nicht vom Willen des Unternehmers abhängig ist.
Die Preisanpassungsklausel war im konkreten Fall jedoch aus dem Grund unwirksam, da der „Nachfolgeindex“ nicht klar genug definiert war. Es war im gegebenen Fall eine Anpassung anhand des VPI vereinbart. Ferner war vereinbart, dass, sofern dieser Index nicht mehr verlautbart wird, der diesem „am meisten entsprechende“ Index herangezogen wird. Der OGH erachtete die Wertsicherungsklausel als nicht verbindlich, da der Formulierung nicht zu entnehmen sei, nach welchen Kriterien zu beurteilen ist, welcher Index dem Verbraucherpreisindex „am meisten entspricht“ und wer zu dieser Beurteilung berufen sei. Bei kundenfeindlichster Auslegung könnte das Recht zur Entscheidung hierüber auch dem Vermieter alleine zukommen. Mangels Offenlegung der für diese Beurteilung maßgeblichen Kriterien ist für den Mieter somit unklar, welcher Index bei Wegfall des vertraglich vereinbarten Index maßgeblich sein soll.
Die Klausel würde im Übrigen auch gegen § 6 Abs 2 Z 4 KSchG verstoßen, weil bei kundenfeindlichster Auslegung schon in den ersten beiden Monaten nach Vertragsabschluss eine Entgeltänderung eintreten könnte.
In der Praxis wird hinsichtlich des Nachfolgeindizes häufig die Formulierung „an seine Stelle tretenden Index“ verwendet. Zu 6 Ob 226/18f vom 25.4.2019 hat der OGH entschieden, dass bei einer solchen Formulierung bereits vorhersehbar ist und unabhängig vom Willen des Vermieters ein „Ersatzindex“ normiert wird. Daher seien die aufgezeigten Anforderungen erfüllt und die Klausel somit gültig.
Fazit:
Die durch den OGH aufgezeigten Kriterien sollten bei der Formulierung künftiger Wertanpassungsklauseln jedenfalls berücksichtigt werden. Es wird sich in den kommenden Monaten zeigen, wie die Gerichte mit den vom OGH in der Entscheidung getroffenen allgemeinen bzw theoretischen Aussagen umgehen werden.
Martina Rumler | Rechtsanwaltsanwärterin – m.rumler@gibelzirm.com
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