Celine Lola
Rechtsanwaltsanwärterin

Geschäftsraummiete oder Unternehmenspacht? Eine weitere wegweisende Entscheidung des OGH schafft Klarheit

Die Beurteilung, ob eine Vermietung von Geschäftsräumlichkeiten oder eine Verpachtung eines Unternehmens vorliegt, ist insbesondere für die Anwendbarkeit des Mietrechtsgesetzes relevant. In der Praxis stellt die korrekte Einordnung jedoch eine Herausforderung dar. Auch der Oberste Gerichtshof beschäftigte sich bereits mehrfach mit den Abgrenzungskriterien. Mit seiner Entscheidung vom 19.12.2024 zu 1 Ob 197/24p hat der OGH nunmehr (weitere) wichtige Klarstellungen hinsichtlich der Einordnung eines Vertrages als Miet- oder Pachtvertrag getroffen.

Rechtliche Grundlagen und praktische Auswirkungen der Abgrenzung

Gemäß § 1091 ABGB unterscheidet sich die Miete von der Pacht im Wesentlichen in der Art der Überlassung des Bestandobjekts:

  • Miete ist die entgeltliche Überlassung einer Sache zum bloßen Gebrauch.
  • Pacht hingegen wird als entgeltliche Überlassung zum Gebrauch und zur Fruchtziehung beschrieben.

Das bedeutet, dass beim Pachtvertrag neben der Überlassung von Räumlichkeiten oder Betriebsmitteln auch die Möglichkeit zur Erzielung von Erträgen gegeben ist.

Ein zentraler Unterschied besteht darin, dass das Mietrechtsgesetz (MRG) nur auf Geschäftsraummietverhältnisse anwendbar ist, nicht jedoch auf Pachtverträge. Dadurch sind viele der mietrechtlichen (Schutz-)Regelungen auf Pachtverträge nicht anwendbar. Zudem ist beispielsweise eine Mietzinsminderung wegen Unbrauchbarkeit nach § 1096 ABGB nur bei einer Geschäftsraummiete unabdingbar. Die Konsequenz der korrekten Einordnung zeigte sich bereits während der Corona-Pandemie: In Zeiten des eingeschränkten Geschäftsbetriebs aufgrund von Lockdowns hatten Mieter einen Anspruch auf Zinsminderung, Pächter jedoch nicht.

Ein weiterer wesentlicher Unterschied liegt in der Übernahme der Lasten und Abgaben: Bei der Geschäftsraummiete trägt der Vermieter alle anfallenden Kosten und Abgaben, während im Falle eines Pachtvertrags grundsätzlich der Pächter dafür verantwortlich ist (§ 1099 ABGB).

Die Unterscheidung zwischen Geschäftsraummiete und Unternehmenspacht ist sohin nicht nur eine theoretische Frage, sondern hat erhebliche Auswirkungen auf die Gestaltung und Auslegung von Verträgen und die Rechte und Pflichten der Vertragsparteien.

Abgrenzungskriterien

Doch wie lässt sich nun korrekt beurteilen, ob ein Miet- oder Pachtvertrag vorliegt? Diese Entscheidung basiert auf verschiedenen Faktoren. Eine Unternehmenspacht kann im Allgemeinen dann angenommen werden, wenn ein lebendes Unternehmen Gegenstand des Vertrages ist. Neben den Räumen muss dem Bestandnehmer vom Bestandgeber auch das beigestellt werden, was wesentlich zum Betrieb des Unternehmens und dessen wirtschaftlichen Fortbestand gehört: Betriebs- und Geschäftsmittel (Einrichtung und Warenlager), Kundenstock und Gewerbeberechtigung. Auch das Vorliegen einer Betriebspflicht oder die Vereinbarung eines umsatzabhängigen Bestandzinses sind Indizien für einen Pachtvertrag. Sind hingegen lediglich körperliche Sachen vorhanden, die zum Gebrauch überlassen werden, zB das Inventar eines schon stillgelegten Betriebes, liegt in der Regel Miete vor.

In seiner Entscheidung vom 19.12.2024 stellte der Oberste Gerichtshof klar, dass es auf die Gesamtheit der Umstände des Einzelfalls ankommt und dass Bestandverträge im Rahmen eines Vergleichs der typischen Merkmale der Vertragstypen auf ihre wirtschaftliche Bedeutung hin untersucht werden müssen.

In dem zugrunde liegenden Fall stellte die Bestandgeberin nach dem Umbau eines Zinshauses ein Objekt zur Verfügung, das für den Betrieb eines Hotels konzipiert war. Die Bestandnehmerin war für das Design, die Möblierung und die Organisation des Hotelbetriebs verantwortlich. Die Bestandgeberin hatte kein Interesse am Hotelbetrieb selbst und war lediglich für die Bereitstellung der Räume verantwortlich. Obwohl der Vertrag als „Pachtvertrag“ bezeichnet wurde, qualifizierte das Berufungsgericht den Vertrag als Geschäftsraummiete, da die Bestandgeberin keine wesentlichen betrieblichen Aufgaben oder Rechte übertrug. Der OGH bestätigte diese Entscheidung und erklärte, dass die Vereinbarung zur Betriebspflicht und zur Rückstellung eines „lebenden Unternehmens“ keine wirtschaftliche Relevanz für die Bestandgeberin hatte. Es kam daher zu der Schlussfolgerung, dass die bloße Überlassung von Geschäftsräumen im Vordergrund stand und daher eine Geschäftsraummiete vorlag.

Fazit

Die Unterscheidung zwischen Geschäftsraummiete und Unternehmenspacht ist nicht immer eindeutig und erfordert daher eine genaue Prüfung der Vertragsinhalte und der praktischen Nutzung des Objekts. Es ist stets eine Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls notwendig; eine pauschale „Formel“ zur korrekten Abgrenzung besteht nicht. Fehlen einige der für einen Vertragstyp sprechenden Kriterien, bedeutet dies nicht zwingend, dass der andere Vertragstyp vorliegt. Klargestellt wurde vom Obersten Gerichtshof jedenfalls, dass die bloße Bezeichnung ein Vertrages als Pachtvertrag diesen nicht automatisch zu einem solchen macht, wenn er sonst nicht auch den Charakter einer Pacht aufweist. Es kommt sohin immer auf die wirtschaftliche Ausrichtung und die tatsächliche Nutzung des Objekts an.

Die umfassende Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Abgrenzungsproblematik hilft dabei, klare Maßstäbe zu setzen, um eine korrekte rechtliche Bewertung von Verträgen zu ermöglichen. Um rechtliche Unsicherheiten zu vermeiden, ist es jedenfalls ratsam, die spezifischen Merkmale des jeweiligen Vertrags genau zu analysieren und rechtliche Beratung in Anspruch zu nehmen.

 

Celina Lola | Rechtsanwaltsanwärterinc.lola@gibelzirm.com

Bild © Pavel Danilyuk, ID 8112184 | pexels.com