Georg Männl
Attorney

Neue OGH-Judikatur zu Patronatserklärungen in der Kreditwirtschaft

Der Sammelbegriff „Patronatserklärung“ bezeichnet grundsätzlich alle Formen der Kreditsicherheit, bei denen eine – vom Schuldner verschiedene – dritte Person (Patron) dem Gläubiger die Zusage erteilt, den Schuldner (Protegé) finanziell so auszustatten, dass er seinen Verpflichtungen gegenüber dem Gläubiger nachkommen kann. Man unterscheidet hierbei „harte“ und „weiche“ Patronatserklärungen. Bei ersteren gibt der Patron die eindeutige und verbindliche Zusage zur Liquidhaltung seines Protegés ab. In diesen Fällen kann der Gläubiger – im Fall eines Zahlungsausfalls des Protegés – direkt den Patron in Anspruch nehmen. All jene Erklärungen, welche keine klare Verpflichtung zu einer ausreichenden finanziellen Ausstattung des Protegés enthalten, werden als weiche Patronatserklärungen qualifiziert.

Die Patronatserklärung ist grundsätzlich am häufigsten im Zuge der Kreditvergabe an Konzerngesellschaften anzutreffen. Die Attraktivität dieser Konstruktion für Banken und andere Kapitalgeber liegt auf der Hand: Die finanzkräftige Muttergesellschaft gibt eine entsprechende Erklärung zugunsten ihrer – finanziell noch auf wackeligen Beinen stehenden – Tochtergesellschaft ab. Darin verpflichtet sie sich, die Tochtergesellschaft so zu stellen, dass sie ihre Zahlungsverpflichtung erfüllen können wird. Theoretisch sollte für die Kapitalgeber nun alles in reinen Tüchern sein – ist doch die Zahlungsfähigkeit der Tochtergesellschaft aufgrund der (scheinbar) harten Patronatserklärung garantiert. Wie die neueste OGH-Rechtsprechung zeigt, ist das in der Praxis jedoch leichter gesagt als getan.

OGH 18.11.2022, 6 Ob 204/22a:

Dem OGH lagen zwei Kreditverträge vor, im Zuge derer eine GmbH Fremdkapital in Höhe von insgesamt 1,4 Mio. Euro zur Finanzierung eines Bauträgerprojektes aufnahm. Die beiden 50%igen Gesellschafter verpflichteten sich in den beiden Verträgen unter den Punkten „Finanzierungsvoraussetzungen“ sowie „Zusatzvereinbarungen“ dazu „weiteres Eigenkapital zur Verfügung zu stellen, falls sich das Projekt negativ entwickelt“. Abgesehen von dieser Zusage gingen die Gesellschafter auch Bürgschaften in Höhe von jeweils 150.000 Euro ein, wobei diese – anders als die Patronatserklärung – im Punkt „Sicherheiten“ geregelt wurde.

Die GmbH musste Insolvenz anmelden und die kreditgebende Bank klagte die beiden Gesellschafter auf Rückzahlung der noch aushaftenden Teilbeträge. In ihrer Klage berief sie sich darauf, dass die Zusage der Zurverfügungstellung weiteren Eigenkapitals für den Fall des drohenden Zahlungsausfalls als harte Patronatserklärung zu werten sei.

Das Berufungsgericht sowie in weiterer Folge der OGH wiesen die Klage der kreditgebenden Bank ab.

Erstens – so der OGH und das Berufungsgericht – sei die hier getroffene Vereinbarung so auszulegen, dass bloß eine Verpflichtung zur Leistung von weiterem Eigenkapital, nicht hingegen zur tatsächlichen Zahlung der Kreditschuld, besteht.

Zweitens hätten die Parteien die Vereinbarung wohl im Punkt „Sicherheiten“ und nicht „Finanzierungsvoraussetzungen/Zusatzvereinbarungen“ getroffen, wenn es ihnen darum gegangen wäre, tatsächlich eine harte Patronatserklärung zu vereinbaren.

Drittens haben die Gesellschafter persönliche Sicherheiten in Form von Bürgschaften abgegeben. Die Bank konnte daher nicht ohne Weiteres davon ausgehen, dass die Gesellschafter (zusätzlich zu diesen Bürgschaften) auch noch harte Patronatserklärungen abgeben wollten.

Im Ergebnis hat der OGH – auf Basis seiner Auslegung – somit das Vorliegen einer bloß „weichen“ Patronatserklärung angenommen, welche nicht dazu geeignet ist, den Patron zur Zahlung der Schuld des Protegés zu verpflichten. Kreditgebende Banken wie auch Kreditnehmer sind daher gut beraten – im Lichte ihrer Interessen – auf die Formulierung und Positionierung derartiger Klauseln in Kreditverträgen zu achten.

 

Georg Männl | Partner – g.maennl@gibelzirm.com

Benjamin Hohenberger | Paralegal – b.hohenberger@gibelzirm.com

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