David Stockhammer
Attorney

Schenkungen aus sittlicher Pflicht

Vom Verstorbenen noch zu Lebzeiten erfolgte Schenkungen, insbesondere an seine Kernfamilie, führen oftmals zu erbitterten Streitigkeiten. Hintergrund ist der den Nachkommen des Verstorbenen sowie seines überlebenden Ehegattens oder eingetragenen Partners zustehende Pflichtteilsanspruch. Das zwingende Pflichtteilsrecht beschränkt bekanntlich die Testierfreiheit des Verstorbenen und entsteht mit dem Tod.

Die Pflichtteilsquote ist stets die Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Die Pflichtteilsbemessungsgrundlage wiederrum errechnet sich zunächst aus der sog. „reinen Verlassenschaft“ (das sind die Verlassenschaftsaktiva abzüglich der Verlassenschaftspassiva). Zusätzlich sind zu Lebzeiten vom Verstobenen gemachten Schenkungen an die Kernfamilie bei der Ermittlung der Pflichtteilsbemessungsgrundlage fiktiv hinzuzählen.

Dabei sind allerdings Schenkungen in „Entsprechung einer sittlichen Pflicht“ von dieser Hinzu- und Anrechnung ausgenommen. Ob dieser Ausnahmetatbestand erfüllt ist, ist eine Frage des Einzelfalles. In einer aktuellen Entscheidung stufte der Oberste Gerichtshof die Einräumung eines Wohnrechtes des Erblassers an dessen Sohn, damit dieser mit Frau und Kindern in das elterliche Haus einzieht, als Schenkung aus sittlicher Pflicht ein. (2 Ob 233/22m).

 

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