Ist ein Vermieter immer ein Unternehmer im Sinne des Konsumentenschutzes?
In jüngerer Vergangenheit ließ der Oberste Gerichtshof mit einigen Klauselentscheidungen im Mietrecht in von der Arbeiterkammer angestrengten Verbandsprozessen aufhorchen. So schlug insbesondere die Entscheidung 2 Ob 36/23t, in welcher sich der OGH mit einer Wertsicherungsklauseln in einem Mietvertragsformular auseinandersetzte, große Wellen. In den Verbandsprozessen stand immer die Frage im Vordergrund, ob die in den Mietvertragsformularen verwendeten Klauseln auch den Bestimmungen des Konsumentenschutzes standhalten. Um die Erkenntnisse der Klauselentscheidungen auf den Einzelfall umzulegen, muss daher immer zuerst die Vorfrage geklärt werden, ob ein Geschäft zwischen Unternehmer und Konsumenten vorliegt und dadurch das Konsumentenschutzgesetz Anwendung findet.
Nach den Bestimmungen des KSchG ist ein Unternehmen jede auf Dauer angelegte Organisation selbständiger wirtschaftlicher Tätigkeit. Für die Vermietung von Wohnungen heißt das, dass nur jener Vermieter auch Unternehmer ist, der die oben genannten Voraussetzungen erfüllt. Bei der kommerziellen Vermietung einer Vielzahl von Wohnungen liegt relativ eindeutig ein Unternehmen iSd KSchG vor, bei der Vermietung einer geerbten Wohnung durch einen einzelnen Eigentümer höchstwahrscheinlich noch nicht. Schwierig ist die Abgrenzung für alle Arten von Vermietungen, die zwischen diesen beiden Szenarien liegen.
Auch die Judikatur musste sich mit dieser schwierigen Abgrenzungsfrage bereits auseinandersetzen (vgl ua OGH 7Ob19/22b). Nach Ansicht des Obersten Gerichtshofs ist die Unternehmereigenschaft des Vermieters primär an zwei Merkmalen zu prüfen:
Erstens ist zu prüfen, welcher Organisation sich der Vermieter zur Vermietung bedient. Werden Dritte beschäftigt so spricht dies für die Unternehmereigenschaft des Vermieters. Die Beschäftigung oder Beauftragung von Dritten muss aber nicht zwingend vorliegen. Es kann der Unternehmerbegriff bereits erfüllt sein, wenn der Selbstverwaltung durch den Eigentümer eine gewisse Regelmäßigkeit und Methodik zugrunde liegt.
Zweitens ist zu prüfen, wie viele Gegenstände der Vermieter vermietet. Als Richtschnur für die Bejahung der Unternehmereigenschaft hat sich die Vermietung von mehr als fünf Objekten herauskristallisiert. Allein aus der Anzahl der vermieteten Objekte lässt sich jedoch noch nicht zwingend auf die Unternehmereigenschaft schließen (vgl OGH 5 Ob 119/22v).
Im Ergebnis ist daher stets im Einzelfall zu prüfen, wie viele Objekte der Vermieter vermietet und welche Organisation des Vermieters hinter der Vermietung steckt. Umso mehr Objekte vermietet werden und umso größer die dafür notwendige Organisation ist, desto eher liegt die Unternehmereigenschaft vor. Die Qualifizierung des Vermieters als Unternehmer kann auf die konkrete Mietvertragsgestaltung bzw die Gültigkeit einzelner Bestimmungen von bestehenden Mietverträgen große Auswirkungen haben, wie die eingangs zitierten Klauselentscheidungen gezeigt haben.
Zu beachten ist jedoch auch, dass Mietverträge, welche als Vertragsformblatt zu qualifizieren sind, unabhängig davon, zwischen wem der Mietvertrag geschlossen wird, an § 879 Abs 3 ABGB zu messen sind. Das Vorliegen der Unternehmereigenschaft des Vermieters ist keine Voraussetzung hierfür. Ein Vertragsformblatt liegt immer dann vor, wenn vorformulierte Verträge genutzt werden, welche nicht im Einzelnen ausgehandelt werden. Bestimmungen eines Mietvertrags können daher auch bei einem Verstoß gegen § 879 Abs 3 ABGB unzulässig sein, sofern sie gröblich benachteiligend sind.
Paul Breuer | Rechtsanwaltsanwärter – p.breuer@gibelzirm.com
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